CSR: Regulierung vs. Freiwilligkeit

Das freiwillige soziale und ökologische Engagement europäischer Unternehmen bewirkt zwar erkennbare positive Effekte auf Nachhaltigkeit in den Bereichen Arbeitsplatzqualität und Umwelt. Jedoch reichen die bisherigen freiwilligen Maßnahmen von Unternehmen nicht aus, um die Nachhaltigkeitsziele der Europäischen Union zu erreichen. Zu diesem Schluss kommt IMPACT, ein europaweites Forschungsprojekt zum Thema Corporate Social Responsibility (CSR). Ziel des Projektes war es, erstmals anhand empirischer Werkzeuge und Methoden herauszufinden, ob CSR-Maßnahmen von Unternehmen einen Beitrag für eine nachhaltigere Gesellschaft leisten und ob dieser genügt, die EU-Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.

Die Studienergebnisse weisen darauf hin, dass ohne regulatorische Eingriffe keine Wende hin zu einem nachhaltigen Wirtschaften möglich ist. Das auf deutscher Seite an der Studie beteiligte Öko-Institut fordert deswegen die Politik auf, stärker regulierend einzugreifen und wenn nötig auch vor härteren Maßnahmen wie Mindeststandards oder Verboten nicht zurückzuschrecken. An der von der Europäischen Kommission finanzierten Studie sind insgesamt 17 europäische Forschungspartner beteiligt. Die empirischen Untersuchungen umfassen eine Analyse von über 2.000 großen und über 5.000 kleinen Unternehmen.

 

Weitere Informationen:

 

Hintergrundpapier CSR – IMPACT: Hintergründe und Empfehlungen Öko-Institut e.V. Stand: 17.09.2013

 

CSR – Hintergründe und Empfehlungen des Öko-Instituts

Ergebnisse von IMPACT – einem europäischem Forschungsprojekt

Seit rund zehn Jahren spielt das (freiwillige) Unternehmensengagement – englisch CSR (Corporate Social Responsibility (CSR) – EU-weit eine wachsende Rolle. Viele gehen davon aus, dass CSR-Aktivitäten von Unternehmen positive Auswirkungen auf Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt haben. Sie sollen unter anderem einen Beitrag dazu leisten, die Ziele der Lissabon- und Göteborgstrategie zu erreichen. Zu ihnen zählen: die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu stärken, sowie eine ökologisch-nachhaltige Entwicklung und die Qualität der Arbeit zu fördern.

Die EU hat in ihrer Definition einen breiten Rahmen dafür gesetzt, was unter CSR zu verstehen ist: Seit 2011 versteht sie darunter schlicht die „Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft“. Konkret fallen darunter beispielsweise Maßnahmen von Unternehmen wie: den Energieverbrauch senken, flexible Arbeitszeiten ermöglichen oder eine gerechte Entlohnung von Arbeitnehmern gewährleisten.

 

Die Studie IMPACT

Bisher gab es weder empirisch erwiesene Anhaltspunkte, noch Werkzeuge und Methoden, um die Wirkung von freiwilligen CSR-Aktivitäten, abschätzen zu können. Also solche Maßnahmen, die Unternehmen über das gesetzliche Maß hinaus ergreifen, um nachhaltiger zu wirtschaften. Genau dies war zentrales Ziel der von der Europäischen Kommission finanzierten Studie IM-PACT. Sie hat untersucht, welchen Beitrag freiwillige CSR-Maßnahmen von Unternehmen für eine nachhaltigere Gesellschaft leisten. Ein europäisches Forscherteam unter Leitung des Öko-Instituts entwickelte Methoden, führte breit angelegte Befragungen durch und wertete bereits existierende und neu gewonnene Daten aus. Ganz konkret wurden hier insbesondere die bei-den Bereiche Umwelt und Qualität der Arbeit unter die Lupe genommen.

 

Zentrale Studienergebnisse

 

1. CSR hat eine hohe Relevanz in Unternehmen

Dass ein Unternehmen – unabhängig von seiner Größe – aktive CSR-Politik betreibt, ist mittlerweile Standard und für die meisten Unternehmen wesentlich mehr als eine freiwillige Maßnahme für Wettbewerbs- und Imagevorteile. So engagieren sich mehr als 90 Prozent der befragen kleinen und mittleren Unternehmen im Bereich CSR.

Die Befragung von internationalen Unternehmen aus den Sektoren Automobilindustrie, Telekommunikation, Einzelhandel, Textilindustrie, Bauindustrie und Informations- und Kommunikationstechnologie zeigt, dass das Bewusstsein für fast alle vorgeschlagenen Nachhaltigkeitsthe-men vorhanden ist.

 

2. Lücke zwischen Bewusstsein und Handeln groß

Dennoch führt dies häufig nicht zu Aktivitäten in den betreffenden Bereichen. So zeigt die Datenauswertung, dass beispielsweise die Problematiken um die Verwendung von kritischen Roh-stoffen in der Automobilindustrie oder das Thema Wasserverbrauch in der Bekleidungsindustrie zwar bereits in den Köpfen der Unternehmensverantwortlichen verankert ist, aber keine Maß-nahmen zum Schutz des Wassers oder dem bewussteren Umgang mit kritischen Rohstoffen folgen.

 

3. CSR Maßnahmen haben leicht positive Effekte auf die Gesellschaft

Welchen gesellschaftlichen Nutzen hat es nun tatsächlich, dass fast jedes kleine, mittlere und große Unternehmen im CSR-Bereich tätig ist? Haben freiwillige CSR-Maßnahmen von Unter-nehmen die Qualität der Arbeit verbessert? Sind bessere Arbeitsplätze entstanden, ist die Entlohnung fairer geworden und gab es weniger Treibhausgasemissionen?

 

Die IMPACT-Befragungen und Datenauswertungen zeigen: CSR hat einen erkennbaren Effekt, dieser kann aber lediglich als leicht positiv bezeichnet werden. Dies ergab ein Vergleich von CSR-spezifischen Daten von 2007 und 2010. Bedenkt man weiterhin, dass nicht nur freiwillige Maßnahmen, sondern auch andere Faktoren das Ergebnis beeinflussen, muss man davon aus-gehen, dass der Beitrag, den freiwillige CSR-Aktivitäten auf die Gesellschaft ausüben, sehr gering ist.

Eine eindeutige Antwort, ob CSR auch zu einem ökonomischen Gewinn führt, kann auch nach Abschluss der Studie nicht pauschal, sondern nur für jedes einzelne Nachhaltigkeitsthema gegeben werden. Dabei wird geprüft: Wie wirkt es sich ökonomisch aus, wenn ein Unternehmen eine Maßnahme zur Verbesserung der ökologischen oder sozialen Auswirkungen durchführt.

 

4. Allgemeingültige Standards zur Messung von CSR fehlen

Das Öko-Institut sieht bei Unternehmen unter anderem Handlungsbedarf hinsichtlich der Erhebung und Auswertung von Daten. Denn die Studie zeigt, dass es bisher keinen allgemein gültigen, systematischen Ansatz gibt, welche unternehmensinternen Daten wie gemessen werden. Noch deutlicher wird dies, möchten Unternehmen die Effekte messen, die ihre Maßnahmen auf die Gesellschaft haben. Bisher ist das für sie kaum möglich. Die Global Reporting Initiative (GRI) ist nach Ansicht des Öko-Instituts ein guter, aber noch nicht ausreichender Ansatz, der Unternehmen dabei hilft, die relevanten Maßnahmen auszuwählen und deren Wirkung zu bewerten.

 

5. Einzelne Schritte klar regeln

Am erfolgreichsten sind CSR-Aktivitäten von Unternehmen dann – das belegen die Studienergebnisse – wenn Unternehmen ihre CSR-Maßnahmen in einzelne Schritte zerlegen, die richtigen Stellschrauben identifizieren und eine klare Grenze zwischen Effekten innerhalb des Unternehmens und Effekten auf die Gesellschaft ziehen. Nur so können Unternehmen sowohl die unternehmensinternen als auch die gesellschaftliche Wirkung von Maßnahmen nachvollziehen, die Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen feststellen und ihre Ausrichtung im Zweifelsfall nachjustieren. Dies alles können Unternehmen kaum alleine leisten. Sollen die Daten noch da-zu vergleichbar sein, braucht es klare Standards.

 

6. Mehr Regulierung wünschenswert

Mehrere Ergebnisse der Studie weisen darauf hin, dass das Vertrauen in Selbstverpflichtung und freiwilliges Engagement von Unternehmen nicht ausreicht, um übergreifend nachhaltige gesellschaftliche Veränderungen zu erzielen. Auch die bisher nur „weichen“ politischen Anreize für CSR-Engagement in Deutschland haben keinen maßgeblichen Einfluss. Zu ihnen zählen beispielsweise CSR-Awards, Informations- sowie Netzwerkplattformen. Das Öko-Institut fordert deswegen die Politik auf, das verfügbare Instrumentarium besser auszunutzen, regulatorisch stärker einzugreifen und wenn nötig auch vor härteren Maßnahmen wie Mindeststandards oder Verboten nicht zurückzuschrecken. So könnte beispielsweise eine verpflichtende Berichterstattung, zumindest für Unternehmen einer bestimmten Größe, durchaus Sinn ergeben. Sie schafft nicht nur Transparenz und Vergleichbarkeit, insbesondere sorgt sie laut IMPACT-Ergebnissen auch für eine größere Aufmerksamkeit für diese Themen und für Anreize, sich ihnen ernsthaft zu widmen. Auch die Einführung von Mindeststandards könnte zum einen das Problembewusstsein schärfen, zu Aktivitäten verpflichten und darüber hinaus Raum für freiwillige Maßnahmen lassen.

 

7. Auf das Ergebnis kommt es an

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Öko-Instituts fordern, immer das eine Ziel im Auge zu behalten: Wie erreicht man am besten einen größtmöglichen Nutzen für die Gesell-schaft? Freiwilliges CSR kann dabei zwar einen wichtigen Beitrag liefern, aber nur als ein Mittel neben anderen betrachtet werden. Welche für die einzelnen Sektoren die jeweils geeignetsten sind (Freiwilligkeit, Regulierung, positive/negative Anreize etc.) muss dann themenspezifisch entschieden werden. Dabei sind Freiwilligkeit sowie regulative oder andere Politikinstrumente komplementär und nicht als entweder – oder Variante zu betrachten. Politische Instrumente, wie beispielsweise positive oder negative Anreize oder im härtesten Fall auch Gesetze und Verbote und freiwilliges Engagement schließen sich dabei nicht gegenseitig aus. Selbst in Themenge-bieten, die dicht reguliert sind, wie beispielsweise die Chemikaliennutzung oder die Arbeitssi-cherheit, konnten freiwillige Maßnahmen identifiziert werden, die über das bereits hohe gesetz-liche Mindestmaß hinausgehen.

 

 

Das Öko-Institut ist eines der europaweit führenden, unabhängigen Forschungs- und Beratungsinstitute für eine nachhaltige Zukunft. Seit der Gründung im Jahr 1977 erarbeitet das Institut Grundlagen und Strategien, wie die Vision einer nachhaltigen Entwicklung global, national und lokal umgesetzt werden kann. Das Institut ist an den Standorten Freiburg, Darmstadt und Berlin vertreten.