Kofinanzierer gesucht – 10.000 Stipendien sollen noch in diesem Jahr unters Studentenvolk. Doch der Start des Deutschlandstipendiums läuft schleppend.

Was hat sie, was andere nicht haben? Daniela Gerstlauer bewarb sich erfolgreich um das sogenannte Deutschlandstipendium. Seit April verbucht sie jeden Monat 300 Euro mehr auf ihrem Konto. Geld, das sie gut gebrauchen kann. Die 22-Jährige studiert Jura an der Uni Augsburg. Jedes Semester kostet Gerstlauer 500 Euro, Bayern ist schließlich Gebührenland. Jetzt, sagt sie nicht unzufrieden, müsse sie sich etwas weniger Gedanken ums Finanzielle machen.

 

Gerstlauer ist eine der ersten, die in den Genuss der neuen Form von Begabtenförderung kommen. Warum die Wahl ausgerechnet auf sie fiel, weiß sie nicht. Ihre Leistungen seien zwar überdurchschnittlich. „Es gibt aber Leute, die noch besser sind“, räumt die Studentin ein. Gerstlauer vermutet, dass auch andere Faktoren eine Rolle gespielt haben, etwa ihr Einsatz in der Fachschaft.

 

Ost-Unis tun sich schwer

 

Die Uni Augsburg hat insgesamt 37 Stipendien des neuen Typs vergeben und ist damit eine der wenigen Hochschulen, die das Lieblingskind von Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) bereits zum Laufen gebracht haben. Die große Mehrheit will zum Wintersemester nachziehen. Insgesamt 10.000 Stipendien will Schavan noch in diesem Jahr unters Studentenvolk bringen.

 

Die Hälfte des Geldes sollen private Förderer spenden, den Rest steuert dann der Bund bei. So das Prinzip. „Ein attraktiver Hochschul- und Wissenschaftsstandort kann nicht alleine mit Bafög auskommen. Er braucht eine Stipendienkultur“, hatte Schavan erklärt, als sie im Februar in Berlin das Programm offiziell startete. Seitdem sind fast fünf Monate vergangen und mancherorts zeigt sich, wie schwer sich die Hochschulen tun, großzügige Geldgeber aufzutreiben. Insbesondere im Osten ist die von Schavan geforderte Stipendienkultur bislang ein Luftschloss. Es lohne sich noch nicht, über Zahlen zu reden, sagt etwa Axel Burchardt, Sprecher der Uni Jena. Auch wenn die Wirtschaft boome, gestalte sich die Förderersuche schwierig. „Die großen Partner sind immer dabei“, sagt Burchardt. Doch die allein reichten nicht. Eine Hochschule von der Größe Jenas darf rund 100 Stipendien anbieten.

 

Hoffnung im Osten machen bislang zwei eher kleine Hochschulen. Die südthüringische FH Schmalkalden kann sechs und damit immerhin 50 Prozent ihrer Stipendien mit Firmen aus der Region stemmen. Die FH Lausitz vergab mit Hilfe einer Stiftung bereits zum Sommersemester sieben Stipendien. Die Pressestelle der TU Dresden verrät, dass sie bislang 38 Stipendien eingeworben hat. Sie lässt aber die Frage offen, wie sie es bis September schaffen will, die Anzahl auf die geforderten 112 zu erhöhen.

 

Es fehle das wirtschaftliche Umfeld, beklagt Holger Mann, SPD-Hochschulexperte im sächsischen Landtag, die Lage in den neuen Bundesländern. Er geißelt Schavans Stipendienprogramm als Umverteilung von Bundesmitteln in die alten Länder. Damit setze die Bundesregierung fort, was sie bei der Forschungsförderung und der Exzellenzinitiative schon seit Jahren praktiziere.

 

Auch Sabine Große-Aust kennt die Sorgen der Ost-Hochschulen. Sie erinnert sich an ihre Zeit in Greifswald und daran, wie schwer es dort war, Sponsoren für eine große Jubiläumsfeier der Uni zu gewinnen. Mittlerweile ist Große-Aust Referentin für private Wissenschaftsförderung an der Uni Kiel. Sie hat bereits viele Stipendien eingeworben. Bei der Suche nach spendablen Unternehmen macht sie sich ihre Erfahrungen und bereits bestehende Kontakte zunutze. Andere Hochschulen hätten im Fundraising großen Nachholbedarf, sagt Große-Aust. Das habe sie auch bei dem dreitägigen Seminar festgestellt, das Schavans Ministerium extra zur Fortbildung in Sachen Deutschlandstipendium angeboten hatte.

 

Sozialer Hintergrund irrelevant

 

Hochschulen, die bislang kaum Stipendien vorweisen können, klagen außerdem über den Verwaltungsaufwand. Eine Vergabeordnung und eine Auswahlkommission müssen aufgestellt, Ansprechpartner sowohl für Studierende als auch für Förderer aufgeboten werden. Gleichzeitig müssten sie aber Personalkosten einsparen. Für viele ein Widerspruch. Hinzukommt eine nicht selten kostspielige Marketingkampagne, um das Programm auch vor Ort bekannt zu machen.

 

Nicht wenige Hochschulleitungen fragen sich dabei, was ihnen der ganze Aufwand bringen soll. Die Uni Kiel hat darauf die vielleicht schlauste Antwort gefunden. Sie ködert die besten Schulabgänger mit dem Stipendium. „Wir richten uns vor allem an Studienanfänger“, sagt Sabine Große-Aust. Die Abinote entscheidet darüber, wer abkassiert. Das Deutschlandstipendium wird unabhängig von Einkommen und streng nach Leistungskriterien vergeben. So will es das Gesetz.

 

Die Auserwählten erhalten ein Jahr lang die monatliche Finanzspritze von 300 Euro. Für manche ein nettes Taschengeld, für andere existenzsichernd. Nach sozialen Hintergründen fragt aber niemand. „Wir ranken nach Noten“, erklärt Mareile Vogler den Modus an der TU Darmstadt. 91 Stipendien darf die Uni vergeben. „Für zwei Drittel haben wir Zusagen von privaten Förderern.“ (Quelle: Frankfurter Rundschau, Wissenschaft)